Natal 

Unser erster langer Aufenthalt mit workaway-Kontakt! Yay! Und dann doch nicht nach Plan... aber beginnen wir am Anfang: 

Wohnen in Natal 

Am Flughafen holte uns Ilzo ab, ein Taxifahrer und gleichzeitig Freund von Robin, unserem workaway-Kontakt. Workaway ist eine internationale Website mit Angeboten und Gesuchen von Tauschgeschäften, Arbeit gegen Kost und Logie. Wir erhoffen uns auch als Familie dort ein paar Möglichkeiten und Robins Angebot klang besonders gut: Er braucht jemanden, der Menschen aus den Favelas englisch beibringen kann und gleichzeitig jemanden, der englisch sprechend auch für seine Kinder und die seiner Freunde da ist. 

Ilzo brachte uns also zu unserer Wohnung. Miniklein, grosses Bett und Matraze, Küchenzeile mit dem allernotwendigsten, Bad zum einmal rumdrehen... Puh, das wird eng! Robin meinte, die Wohnung wäre einer Bekannten und wir könnten dort günstig wohnen (da wir als Familie kaum in das Haus eines workaway-Anbieters passen können, passte der Logie-Part des Tausches nicht, was für uns aber ok war). Rückblickend betrachtet wissen wir, dass das doch ganz schön teuer war und nicht besonders cool. Naja, wir haben unser bestes gegeben, es war aber einfach zu klein! Zudem waren wir alle immer noch etwas jetlag-müde, mussten uns an die neue Umgebung anpassen, an das dauerhaft warme Wetter gewöhnen. Daran, dass Roxas nun begann zu krabbeln und mehr und mehr in Senias Bewegungsradius kam. Es war einfach eng und mega anstrengend! Nach einer Woche war klar, dass wir da raus müssen! 

Wir hatten uns eine Wohnung angeschaut, die leider nicht alle Kriterien (in dem Fall nicht superteuer zu sein) traf. Die Wohnung wurde uns aber von einer Maklerin gezeigt, die für unsere restliche Zeit in Natal zum wahren Glücksgriff wurde. Patricia zeigte uns dann noch eine zweite Wohnung, die wir sehr erleichtert angenommen haben. Ein Schlafzimmer, ein Badezimmer, eine Küche und ein recht großer Wohnbereich mit Couch und Hängematte! Ab dann wurde alles leichter, entzerrter! Es gab Raum zum Toben und auch zum sich abgrenzen! Immerhin ist die Zeit hier die intensivste, die wir als Familie miteinander verbringen, sich gegenseitig Raum geben zu können erscheint uns hier besonders wichtig. 

Unsere erste Workaway-Erfahrung 

Leider nada – nichts :-( Wir können nicht klar sagen, wie es genau dazu kam, dass eben nichts passierte... Robin schien einfach immer sehr beschäftigt. Die meiste Zeit haben wir ihn kaum gesehen. Er zeigte uns zwar mal den Ort, wo die Englischstunden stattfinden sollten, aber das war es auch schon. Nach zwei Wochen erwähnte er, dass er mit dem Projekt in die Favelas umgezogen ist und sich das Konzept ändern würde. Und er meinte, es sei von Anfang an ein Missverständnis zwischen ihm und Wayne gewesen. Schade, wir hatten uns das anders vorgestellt und so ganz wissen wir immer noch nicht, wo die workaway Idee an die Wand gefahren ist. Wir beschlossen jedenfalls, das Beste daraus zu machen und wir hatten trotzdem eine sehr gute Zeit in Natal! 

What to do in Natal 

Wir haben uns tatsächlich viel treiben und so richtig die Seele baumeln lassen! Wir haben viel Zeit am Strand verbracht. Das Meer ist wunderschön und am Strand sind zwar viele Verkäufer unterwegs, sie lassen einen aber nach einem kurzen nao obrigada (nein, danke) in Ruhe. 

Einen Tag lang waren wir mit Ilzo unterwegs. Er hat uns zu einigen wunderschönen Stränden gebracht. Wir haben eine Bootstour gemacht, auf der wir leider keine Delfine gesehen haben. Auch in Pipa, einem Ort bekannt für Delfinsichtungen, hatten wir kein Glück. Einmal haben wir sie aber von einem Berg aus im Meer springen sehen und auch das war ein tolles Gefühl für mich! 

Natal ist bekannt für seine Sanddünen und so haben wir an einem Nachmittag eine Buggytour durch die Dünen gemacht, die teilweise so weitläufig sind, dass sie mich an die Wüste erinnert haben. Ich war ganz erstaunt, wie gut die Kinder die Fahrt mitgemacht haben – Roxas ist mitten in der doch recht wilden Buggytour eingeschlafen! 

Wayne ist einmal mit Marco zum Quadfahren gefahren, darüber muss er dann selbst bei Gelegenheit mal berichten oder ihr könnt es hier in seinem Video über Natal sehen: (Natal in Review) Er hatte wohl eine sehr gute Zeit und viel Spaß dabei! 

Und ich war mit Haien tauchen, aber darüber habe ich ja schon hier berichtet! Das Aquarium war jedenfalls auch einen Besuch wert. 

Kontakte und brasilianische Gastfreundschaft 

Es war auch ohne richtige Arbeit gut, Robin kennengelernt zu haben! Er ist aus Skandinavien, lebt aber bereits seit 20 Jahren in Brasilien. Er kennt sich aus und gab uns einige Tipps, zum Thema leben in Natal (welcher Supermarkt, wo ist der Strand etc.) und auch zum Verhalten (immer eine wichtige Frage: Kann ich abends durch die Straßen laufen, wie verhalte ich mich in bestimmten Situationen usw.). Über Robin haben wir dann auch Marco kennengelernt. Marco lebt im Favela, wobei er als Taucher einen recht guten Job im Aquarium hat. Er hat mit uns über das Thema Rassismus gesprochen, darüber, dass er mit seiner dunklen Haut viele negative Erfahrungen mit weißen Menschen macht. Er hat vor allem Wayne auch viel am täglichen Leben teilhaben lassen, ihn mit ins Fitnessstudio genommen und mit mir war er mit den Haien tauchen. 

Mit Robin, Marco, Ilzo und deren Familien haben wir uns an einem Sonntag in einem Restaurant im Favela getroffen. Dort konnten wir selbst gekauften Fisch vom Markt mitbringen und grillen, dazu gab es typisch brasilianisch Reis und Feijao. Das Restraurant hat einen Pool und es war ein wunderbar entspannter Tag mit vielen netten Menschen! 

Zum Fussball spielen sind wir oft zum nahegelegenen Spielplatz gegangen. Dort haben wir dann noch Mayra und ihren Sohn kennen gelernt. Mayra ist Brasilianerin, spricht aber sehr gutes englisch – was hier unter den Brasilianern sehr selten vorkommt. Sie arbeitet in einer Art Hausverwaltung und zeigte uns einmal eines der Penthouses, die sie verwalten. Zum ersten Mal waren wir auf einem Hochhaus in der höchsten Wohnung, zwei Etagen, mit Swimmingpool direkt unter der Sonne :-) Es war sehr beeindruckend! 

Recht zu Beginn unserer Zeit in Natal haben wir Laura kennengelernt. Sie ist Amerikanerin und hat zwei jugendliche Kinder. Sie leben teilzeit in Natal und NewYork, wo sie eine Fussballschule haben und regelmäßig Kinder von dort nach Brasilien zum spielen bringen. Die drei haben uns ebenfalls viele Tipps gegeben, uns die Stadt gezeigt und eine entspannte Zeit mit uns am Strand verbracht. 

Und dann Patricia, unser Engel! Sie hat uns nicht nur die Wohnung besorgt, sondern uns von dem Moment an komplett an ihrem Leben teilhaben lassen. Sie hat einen 5jährigen Sohn, Paulo. Wir haben Paulo mit ihr zur Schule gefahren, waren alle zusammen endlich mal in einem wirklichen günstigen Supermarkt. Wir sind mit ihr ins Einkaufszentrum gegangen, wo die Kinder auf Klettergerüsten spielen und wir mit ihr portugisisch lernen konnten! Sie hat uns mitgenommen in ihren wöchentlichen Englischunterricht (habe ich schon gesagt, dass sie kaum englisch spricht!?), hat für uns unglaublich lecker gekocht, hat uns mit in den Park das Dunes genommen, hat mir beigebracht Tapioca zu machen (zugegeben, keine Kunst... aber ob ich es je ohne sie gemacht hätte?) und zu guter letzt konnten wir immer im Pool des Apartmenthauses, in dem sie lebt, schwimmen gehen! Sie war genau der Ansprechpartner, den wir brauchten und ist es genau genommen immer noch! 

Und last but not least... Die Sicherheit... 

Da kaum jemand keine Sorge geäußert hat, dass wir nach Brasilien gehen, werde ich zu jeder Stadt unsere Erfahrungen zum Thema Sicherheit berichten. 

Zunächst einmal so viel: In Natal habe ich meine erste Schießerei gehört und ja, das ist ein Sch***gefühl. Wir standen nachts um ca. 12 Uhr auf dem Balkon und dann war es ganz deutlich, wenn ich auch erst gehofft habe, dass es ein Feuerwerk ist. Die Schießerei war recht weit entfernt, aber doch lauter als erwartet. So doof dieses Gefühl ist, es ist einfach das, wofür Brasilien traurigerweise bekannt ist. Meist finden die Schießereien in Favelas zwischen Gangs und Polizisten statt. Hält man Abstand zu den Favelas und zum Drogenhandel, ist die Wahrscheinlichkeit, in eine solche Schießerei zu geraten aber sehr gering. 

Oftmals wurden wir leider tatsächlich vor der Polizei gewarnt, da es dort zu viele korrupte Mitarbeiter gibt. 

In Natal meinten alle zu uns, dass es ok ist im Dunkeln zu laufen, so lange die Geschäfte noch geöffnet und viele Menschen auf der Straße sind. Es wurde uns aber geraten, mindestens ab der Dunkelheit nicht mehr laut auf englisch oder deutsch zu sprechen. Wayne war ein paar Mal am Wochenende feiern mit einer Gruppe, die schon länger in Natal lebt. Ihm wurde irgendwann klar, dass alle nachts unterwegs aufhörten zu reden, wenn jemand an ihnen vorbei ging. 

Gerade die letztgenannten Hinweise fallen für mich unter „zu erwartendes Sicherheitsverhalten in Brasilien“. Zu keiner Zeit habe ich mich unsicher gefühlt. Ich hatte eher den Eindruck, dass die meisten Menschen sehr hilfsbereit sind und realistisch in Bezug auf die potentielle Gefahr, ausgeraubt zu werden. Ich weiß nicht, ob das Risiko in Natal ein viel höheres oder anderes als in anderen europäischen Großstädten ist. 

Zusammenfassend hat Natal einen wirklich bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen! Die Stadt ist mit fast 900000 Einwohnern für brasilianische Verhältnisse nicht besonders groß, für meine aber doch. Aber es ist alles sehr weit verteilt, im Zentrum Ponta Negra, wo wir uns am meisten aufgehalten haben, ist am Strand viel los, die Stadt kommt aber richtig familiär daher. 

Wir haben uns schon so gut wie entschieden, unseren Aufenthalt mindestens bis März zu ziehen und Natal steht auf der Liste des „vielleicht-nochmal-hin-fahren“. Wir werden sehen... 

Es bleibt spannend!

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